Maremma

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Die Küste der Maremma
Übersichtskarte

Die Maremma bezeichnet im Italienischen allgemein sumpfiges Küstenland. Verengt ist der Begriff auf die Landschaft in Mittelitalien (eingedeutscht auch: die Maremmen, pl.), zu der nach einem heute üblichen Pars-pro-toto-Verständnis die gesamte südliche Toskana und Teile des nördlichen Latiums gehören. Im engeren Sinne umfasst die Maremma aber nur den flachen, von den Hügelketten der Monti dell’Uccellina unterbrochenen Küstenstreifen zwischen dem Golf von Follonica, den Flussläufen der Bruna und des Ombrone sowie der Lagune von Orbetello am Monte Argentario, ursprünglich eine zusammenhängende, mit dem Tyrrhenischen Meer verbundene Sumpflandschaft, die in römischer Zeit Maritima Regio hieß. Hieraus ist der mit dem spanischen Begriff marisma ‚sumpfiges Küstenland‘ verwandte Name der Landschaft entstanden. In der Maremma gelegene Orte führen daher häufig den Beinamen Marittima zum Ortsnamen, auch wenn sie gar nicht am Meer liegen. Besondere geschichtliche Bedeutung hat der Ort Talamone südlich des heutigen Naturparkes Uccellina; Talamone war in der Renaissance der Hafen der freien Stadt Siena.

Entstehung der Landschaft

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Maremma

In der flachen Landschaft bringen die Flüsse im Winter mehr Wasser, als ins Meer abfließen kann, aus den Bergen mit. So entstehen zwischen den Flussläufen ausgedehnte flache Binnenseen, die auch im Sommer nicht austrocknen. Zwischen den Gewässern häuft der Wind Sanddünen auf, durchsetzt mit großen Massen von Schutt, Felsbrocken und abgebrochenen Ästen, die die Flüsse vor sich hertragen. Das Salzwasser des Meeres und das Süßwasser der Flussläufe mischen sich so zu einer einzigartigen Sumpflandschaft.

Wie aus römischen Quellen bekannt, war den Etruskern, die auf Hügeln im heutigen Hinterland siedelten (Populonia, Vetulonia, Roselle), eine teilweise Trockenlegung der Bucht durch Anlage eines Kanalsystems, das ihre Siedlungen mit dem Meer verband, gelungen. Doch schon zu Zeiten der Römer bekamen die Naturgewalten wieder die Oberhand, und seit der Spätantike war das Land sich selbst überlassen. Einige Städte, die in der Römerzeit prosperierten, gingen völlig zu Grunde.

Seit dem Mittelalter war die Malaria in den Sümpfen bekannt. Weder Pisa noch Siena zeigten Interesse an dem Gebiet außer als Hafenstützpunkte zu strategischen Zwecken.

Das Rekultivierungs- und Entwässerungsprogramm (la bonifica)

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Erst im 18. und 19. Jahrhundert initiierten die Großherzöge der Toskana aus dem Hause Habsburg-Lothringen ein flächendeckendes Rekultivierungs- und Entwässerungsprogramm für das Land. Ferdinand III. brachte als Erster die Idee ein, konnte sie jedoch nicht mehr umsetzen, da er selbst an der Malaria verstarb.

Sein Sohn, Großherzog Leopold II., hatte seit 1804 mit seinem Berater, dem Grafen Fossombroni, Pläne zur Anlage eines Kanalsystems zur Ableitung der sedimentreichen Flusswasser und Rückführung des gereinigten Wassers konzipiert. Ferner sollte die Anpflanzung eines Piniengürtels Entwässerung bringen. Vorausgegangen waren erfolgreich abgeschlossene Entwässerungsprojekte am Fluss Cecina. Am 27. April 1828 wurde das Projekt genehmigt, und die Arbeiten begannen Ende 1829 mit 5000 Arbeitskräften aus allen Teilen der Toskana, anderen italienischen Nachbarstaaten und dem Ausland unter der Aufsicht von Ingenieur Alessandro Manetti, der unmittelbar dem Großherzog unterstand. 1830 war der Entwässerungskanal fertiggestellt.

Eine endgültige Trockenlegung der Sümpfe und Ausrottung der Malaria war damit noch nicht erzielt. Ab dem späten 19. Jahrhundert und verstärkt in den 1930er-Jahren wurde die Maremma erneut drainiert.

Die Maremma heute

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Heute dominieren die Landwirtschaft und der Tourismus. Bekannte italienische Weingüter haben sich Anbauflächen gesichert und produzieren qualitativ hochwertige Weine (siehe auch die Artikel Sassicaia und Weinbau in Italien). Die größte Stadt der Maremma ist Grosseto.

In den letzten Jahren setzt der Tourismusverband sehr stark auf den sanften Tourismus, so werden keine großen Hotelbauten mit Eingriffen in die Landschaft gefördert. Typische Angebote sind Ferienwohnungen, Camping oder Agrotourismus (Ferien auf dem Bauernhof; auch hat sich die italienische Schreibweise Agriturismo in Deutschland eingebürgert); hier gibt es vom einfachen Podere (ehemaliges Bauernhaus) bis zur Fattoria (Gutshaus) Angebote, die sich besonders für den Urlaub mit Kindern eignen. Die Strände der Maremma erhalten bei den jährlichen Prüfungen beste Noten hinsichtlich Wasserqualität und Sauberkeit. Allerdings ist das Preisniveau im Gegensatz zu anderen italienischen Küstenregionen sehr hoch.

Der seit 1975 bestehende Parco Naturale della Maremma hat einen Teil der durch die bonifica rekultivierten Landschaft bewusst der Natur zurückgegeben. Diese kontrolliert den Pflanzen und Tieren überlassene Wildnis, die mit Einschränkungen auch dem Menschen zugänglich ist, unterscheidet sich aber deutlich von dem unkontrollierten, durch die Malaria beherrschten Urzustand der Vergangenheit.

Die Maremma-Kühe und die Butteri

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In der Maremma spielen das Maremmaner Rind und die Butteri, die traditionellen italienischen Cowboys, eine zentrale Rolle in der lokalen Kultur und Landwirtschaft. Die Maremma-Kühe, bekannt für ihre langen Hörner und robuste Konstitution, weiden in den weitläufigen Ebenen der Maremma. Diese halbwilden Rinder werden von den Butteri gehütet, deren Traditionen bis in die Antike zurückreichen. Die Butteri sind für ihre außergewöhnlichen Reitfähigkeiten und ihr tiefes Verständnis für die Viehzucht bekannt. Ein historisches Ereignis, das die Fertigkeiten der Butteri hervorhebt, ist ihr Sieg in einem freundschaftlichen Wettbewerb gegen Buffalo Bill und seine Cowboys im Jahr 1890, welcher die überlegenen Fähigkeiten der Butteri im Umgang mit dem Vieh demonstrierte. Diese lebendige Tradition unterstreicht die tiefe Verbundenheit der Region mit ihrer landwirtschaftlichen Geschichte und trägt zur Bewahrung des kulturellen Erbes der Maremma bei.[1]

Literarische Rezeption

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Dante erwähnt den Fluch der Maremma in seiner Divina Commedia Canto V. 133–136, hier V. 134 des Purgatorio. Im Klagelied der verlassenen Gräfin Pia von Tolomei aus Siena heißt es:[2]

Siena mi fé, disfecemi Maremma

es schuf mich Siena, es zerbrach mich die Maremma

Das toskanische Volkslied Maremma amara erzählt von der „bitteren Maremma“, die zu verdammen sei, weil sie dem Ich-Erzähler die Liebste nahm:[3]

Tutti mi dicon Maremma, Maremma…
Ma a me mi pare una Maremma amara
L'uccello che ci va perde la penna
Io c'ho perduto una persona cara.
Sia maledetta Maremma Maremma
sia maledetta Maremma e chi l'ama.
Sempre mi piange il cor quando ci vai
Perché ho timore che non torni mai.

Alle sagen mir: Maremma, Maremma…
Aber für mich ist es eine bittere Maremma
Der Vogel, der dorthin fliegt, verliert seine Federn
Ich habe jemanden verloren, der mir lieb ist.
Verflucht sei Maremma Maremma
Verflucht sei die Maremma und wer sie liebt.
Immer weint mein Herz, wenn du dorthin gehst
weil ich fürchte, dass du nie zurückkehrst.

In seinem Gedicht Staatsbibliothek aus dem Jahre 1925 vergleicht Gottfried Benn die Staatsbibliothek zu Berlin – Symbol kultureller Überlieferung[4] – unter anderem mit der Maremma:[5]

Staatsbibliothek, Kaschemme,
Resultatverlies,
Satzbordell, Maremme,
Fieberparadies
[…]

Commons: Maremma – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikivoyage: Maremma – Reiseführer

Einzelnachweise

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  1. Toscana Individuell Redaktion: Die Maremma-Kühe und die Butteri: Italiens Antwort auf den Wilden Westen. In: toscana-individuell.de. Pixelwerker GmbH, 8. Juni 2023, abgerufen am 1. Februar 2024.
  2. Texte: italienisch: Purgatorio; deutsch: Das Fegefeuer in Dantes Göttlicher Komödie (Übersetzung von Carl Streckfuß) – Wikisource.
  3. Sandro Barlettai. Maremma maiala. Storie, Del Bucchia, 2013. Übertragung ins Deutsche von DeepL.
  4. Frieder von Ammon: Lyrik: Exemplarische Autorpoetiken im 20. Jahrhundert. In: Ralf Simon (Hrsg.): Grundthemen der Literaturwissenschaft. Poetik und Poetizität. De Gruyter, Berlin / Boston 2018, ISBN 978-3-11-040780-8, S. 234–251, hier S. 239–241 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Text zitiert nach: Joachim Dyck: Benn in Berlin. Transit, Berlin 2012, ISBN 978-3-88747-250-4 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).